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Katzen vermitteln

Katzen vermitteln, ein Job für Leute, die Mutter und Schwiegermutter erschlagen haben. Es macht keinen Spass, es ist nervenaufreibend, ich hasse es. Aber meist geht es gut, Katz und Menschen werden glücklich miteinander. Manchmal aber auch nicht.

Vor Kurzem hatte ich einen Kater zu vermitteln. Ehemaliger Wildling, sehr schüchtern, aber absolut lieb und zugänglich und 100% stubenrein.
Jemand hatte Interesse an ihm und es wurde im Vorfeld alles abgeklärt,was man eben abklären kann. Hörte sich alles gut an, also zog der Kater um. Drei Wochen lang bekam ich erzählt, wie super alles wäre. Man wäre glücklich mit dem Tier. Dann, von einem Tag auf den anderen hiess es, der Kater müsse weg, die schon länger in dem Haushalt lebende Katze würde aus Protest alles vollpinkeln. Der eigentliche Grund, kam dann raus, waren finanzielle Probleme, und das, obwohl ich die Geldfrage (Kannst du zwei Katzen ernähren, sie tierärztlich versorgen lassen, auf dass es ihnen an nichts fehle??? - Jaja, kein Problem, alles im grünen Bereich) im Vorfeld deutlichst angesprochen hatte. Mehrfach.

Scheisse für den Kater, ein sehr sensibles Tier, das länger als die meisten anderen braucht, um sich an neue Menschen und eine neue Umgebung zu gewöhnen.
Das Desaster bekam eine neue Interessentin mit. Sie riss sich buchstäblich um den Kater. Quatschte mir einen Blumenkohl ans Ohr, dass sie alles-alles-alles tun würde, damit der Kater es gut bei ihr hat. Sie hätte zig Jahre Erfahrung mit Katzen und es wäre ihr völlig egal, ob das Tier ein sehr schüchternes wäre, sie hätte Geduld und er hätte es für immer gut bei ihr. Ich habe ihr lange, wirklich sehr lange und sehr ausführlich erklärt, dass es kein Kater ist, der einem sofort auf den Schoss springt und schnurrt. Dass man ihm Zeit geben müsse. Und gaaanz viel Ruhe. Er würde lange brauchen, um aufzutauen und dürfe ihn nicht überfallen und bedrängen, sondern ihn die ersten Tage in einem ruhigen Raum halten, damit sich seine Nerven von dem vorangegangen zweimaligen Umzugsstress erholen könnten. Er müsse erst die Sicherheit haben, dass ihm in dieser neuen Umgebung nichts passiert, bevor man ihn den Rest der Wohnung erkunden lasse, alles andere würde ihn total überfordern. Es wurde mir hoch und heilig versprochen.

Obwohl die Frau mir durchaus verständig vorkam, habe ich wie auf ein krankes Pferd auf sie eingeredet, ob sie nicht doch noch leise Zweifel habe, mit diesem Kater klar zu kommen. Weil mir klar war, diesmal muss es klappen. Der Kater würde Ruhe und Beständigkeit nach den beiden Umzügen brauchen. Es müsse ein endgültiger Platz sein. Nein, sie wäre ganz sicher. Sie würde ihn die ersten Tage ins Gästezimmer einquartieren, damit er erstmal in diesem kleinen Rahmen Sicherheit finden könne. Das war meine Bedingung.

Gut. Der Kater zog um.

Am nächsten Tag sagte sie mir, der Kater sässe im Wohnzimmer unter dem Phonoschrank und käme nicht mehr hervor. Ich bat sie, den Kater in das Gästezimmer zu bringen und ihn erstmal ganz in Ruhe zu lassen.

Am zweiten Tag hiess es, der Kater sässe immer noch unter dem Phonoschrank. Ich bat sie wieder, den Kater in das Gästezimmer zu bringen und erklärte, warum das Sinn machen würde. Ja, wäre völlig nachvollziehbar, sie würde ihn jetzt sofort ins Gästezimmer bringen.

Am nächsten Tag hiess es, der Kater habe im Wohnzimmer auf das Sofa gepinkelt. Ich fragte wie das ginge, wenn er doch am Vorabend ins Gästezimmer gebracht worden ist? Ähm, nein, er wäre immer noch im Wohnzimmer und würde unter dem Phonoschrank sitzen, wurde mir gesagt. Also habe ich nochmal drum gebeten, ihn ins Gästezimmer zu bringen. Habe nochmal erklärt, dass der Kater Ruhe braucht. Dass er überfordert wäre von neuer Umgebung, neuen Menschen, den Geräuschen im Wohnzimmer, dem Kommen und Gehen der Menschen dort. Wieder wurde alles eingesehen, ja, das würde schon Sinn machen, man würde den Kater jetzt direkt in das Gästezimmer bringen.

Am nächsten Tag....... man ahnt es. Wohnzimmer. Phonoschrank. Über Nacht auf das Sofa gepinkelt.
War ich bis dahin noch sehr geduldig um des Katers Willen, wurde ich jetzt deutlicher. Wies darauf hin, dass ich die Abgabe des Katers an die Bedingung geknüpft hatte, ihn ein paar Tage in Ruhe zu lassen, ihm Sicherheit in einem Raum zu vermitteln, ihn nicht zu überfordern, ihn nicht zu stressen. Erklärte, dass der Kater sich nicht zu seinem Katzenklo getraue, deshalb auf das Sofa pinkeln würde. Fragte nach, ob man sich an das Gespräch im Vorfeld erinnern würde, das ja erst ein paar Tage zurück lag. Ja, man konnte. Ja, man würde, und so weiter. Ganz bestimmt. Diesmal würde man. Es käme alles in Ordnung.

Nach einer Woche kam eine unverschämte Mail. Der bis dahin dümmlich-freundliche Ton schlug um in massive Unverschämtheiten. Der Kater wäre nicht zu gebrauchen, der würde nix mehr werden, wo der überhaupt her käme, so ein Irres Vieh habe man noch nie erlebt, er würde jede Nacht aufs Sofa pinkeln, ich wäre ein verlogenes Miststück und solle S-O-F-O-R-T den Kater abholen, am gleichen Tag noch, zack zack!!!

Schock. Aber mit solchen Menschen diskutiert man nicht. Es bringt nichts. Wenn man schlau ist, geht man ihnen einfach nur aus dem Weg. Ich sagte, ich lasse den Kater abholen, je schneller, desto besser. Nein, hiess es, sie würden den Kater nur mir persönlich geben. Sollte ich nicht bis dann und dann da sein um das Tier abzuholen, würde man vergessen, die Haustüre zu schliessen. Könne sein, dass er weg wäre, wenn ich nicht schnell genug da wäre, ich solle mich also besser beeilen. Nur, damit ich das wisse. Geschrei, Gezeter, Unverschämtheiten en masse. Ich liess sie kreischen und wüten, wollte nur noch den Kater heile dort raus haben.

Ich lag mit Blasenentzündung im Bett, Autofahren unmöglich. Mit einer schriftlichen Vollmacht ausgestattet schickte ich eine Bekannte hin, um den Kater abzuholen.  Der Kater wurde in seinem Kennel übergeben. Aus dem Kennel tropfte der Urin, das Auto stank sofort wie die Hölle.

Als meine Bekannte den Kater zu Hause aus dem Kennel holte, lief ihr die Brühe entgegen. In dem Kennel lag eine Unterlage, die im Urin schwamm . Unter der Unterlage schwamm kleingeschnittene Schinkenwurst und in Urin aufgelöster Kot. Diese Menge Urin und Kot schafft eine Katze nicht an einem Tag. Auch nicht in zwei Tagen. Der Kater muss länger in dem Kennel gehalten worden sein.

Der Kater war völlig fertig mit der Welt. Er hatte an nichts mehr Interesse. Nicht an mir, nicht an Fiete, nicht an Linda. Die beiden mochte er vor seinem Auszug hier super gerne und spielte mit ihnen. Er war einfach nur fertig mit der Welt und man konnte es kaum ertragen, was diese Leute aus ihm gemacht hatten. Er war buchstäblich erstarrt vor Angst, frass und trank nur, wenn länger niemand bei ihm im Raum war.
Mir blieb nichts mehr anderes übrig, als ihn wieder in den Garten zu lassen. Er führt nun wieder ein Leben als Wildling, kommt zum Fressen, schläft auch hier in der Werkstatt und ich hoffe, dass er eines Tages wieder Vertrauen findet. Wenn er wollte, könnte er jederzeit wieder rein. Aber erstmal hat er die Schnauze voll von Menschen. Ich kann ihn verstehen.

Die selbe Frau, die ihn so mies behandelt hat und ihn am Ende weggeworfen hat wie ein Stück Müll, hat nun zwei neue Katzen. Kosten ja nichts. Bekommt man ja überall nachgeworfen. Kann man ersetzen, wenn sie kaputt gehen oder nicht funktionieren.



Edit und Nachtrag vom Dezember 2011
Wenn ihr wissen wollt, wie die Geschichte mit dem Hasen weiter ging: Klick
Von unten nach oben gelesen kommt ihr auf den heutigen Stand der Dinge :)

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