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Fürchterlich im Zwiespalt ...


... denn den richtigen Weg für den alten grauen Herrn
kennt wohl niemand mehr. Vieles ist möglich, aber
was ist das Richtige für ihn?

Heute früh, als ich mit meiner Mutter telefonierte, hörte
sich beim Katertier alles recht normal und fast unverändert
an. Etwas wackeliger war er auf den Beinen, wollte jedoch
immer noch aus seinem Kellerzimmer nach oben und hatte
auch immer noch Appetit.

Aber dann gab es hier ein paar Kommentare zu Salzmischungen
und zum Futter in den beiden letzten Posts, die mich wieder
sehr nachdenklich machten. Denn ich bin mir selbst fürchterlich
unsicher, ob es überhaupt noch Sinn macht ihm weiterhin
Medikamente zu geben, die seinem kranken Körper eventuell
helfen können, oder ob es nicht besser wäre jetzt einfach die
Behandlung abzubrechen und sich nur noch auf die Linderung
eventueller Schmerzen zu konzentrieren, um ihm die letzten
Tage so angenehm wie möglich zu gestalten.

Dazu kommt dann die Meinung meiner Mutter, die sich immer
noch für eine baldige Penisamputation oder sonst für das 'Erlösen-
lassen' ausspricht. Zumal in der Nachbarschaft wohl fast alle
Katzen diesen Weg rechtzeitig gegangen sind ...

Und auch Wolfgang tat nun heute früh seine Meinung kund, dass
der kleine Kerl wohl offensichtlich - genauso wie meine Groß-
mutter - noch nicht aus dem Leben treten will. Und wenn es nun
noch lange so weiter geht, müssten wir für die Firma über einen
weiteren Angestellten nachdenken, damit ich mich weiterhin
so intensiv um das Katertier in Braunschweig kümmern könnte ...


Als ich in der Mittagszeit zum Wintergarten kam, lag er hinter
der geschlossenen Schiebetür und kam mir wesentlich schwächer
als am Freitag vor. Zwar erhob er sich von seinem Lager und
wackelte nach draußen, aber er ließ sich nach wenigen Schritten
schon wieder auf die Steine fallen.

Eine Katerwäsche war dringend erforderlich. Und da er mir
sehr erschöpft vorkam, wagte ich es ihn allein zu waschen.
Zuerst versuchte er sich an meinem rechten Oberarm und
der Schulter hochzuziehen, um mit den Hinterläufen dem
Wasser zu entkommen, aber nach ein paar Versuchen gab er
kraftlos auf und blieb mit den Hinterläufen in der Wäsche-
wanne stehen. Mit links konnte ich nun etwas sein verklebtes
Fell und die teilweise schon nackte Haut spülen und ihn
dann schnell wieder aus dem Nass befreien. Im Handtuch
auf dem Schoß sackte er mir fast zusammen. Und während
er wie ein Häufchen Elend in meinen Armen in der Sonne lag,
hatte ich das Gefühl es könnte mit ihm zu Ende gehen. Doch
nach einiger Zeit richtete er sich etwas auf und versuchte
vom Schoß zu springen, so dass ich ihn schnell hinuntersetze.
Noch 2 unbeholfene Schritte und er lag total erschöpft
auf seiner Matte, ...

atmete sehr langsam und bewegte sich überhaupt nicht.

Noch nicht einmal die Pfoten oder die Schwanzspitze
zeigten eine Regung. Sollte es jetzt so schnell gehen?


Nun konnte ich mir auch mal seine immer kahler
werdenden Hinterläufe in Ruhe ansehen, an denen ihm
das Fell an manchen Stellen büschelweise ausgeht.


Ich legte ihm ein Handtuch in den Rücken, sprach etwas
mit ihm und war mir nicht sicher, ob ich ihn in dem Zustand
wirklich allein im Wintergarten lassen sollte. Lange blieb er
so unbeweglich in der Sonne liegen.


Doch irgendwann, nach einer scheinbar unendlich langen Zeit,
hob er etwas sein Köpfchen und versuchte den Wassernapf zu
erreichen. Er sackte wieder in sich zusammen und blieb liegen.
Ich stellte das Wasserschälchen näher zu ihm und holte etwas
Feuchtfutter mit reichlich warmen Wasser vermengt.


Wenig später schlabberte er davon, blieb
dann aber fast in dieser Position liegen.


Da sein Fell immer noch etwas feucht war, und
er es schon wieder vorzog im Schatten zu liegen,
hüllte ich ihn in ein großes Biberbettlaken.


Es schien ihm nichts auszumachen.

Und wenn dann auch noch der Bringdienst funktioniert und
ihm wieder eine neue Sorte Futter vor die Pfoten stellt,

die er noch nie zuvor gefressen hatte, dann scheint das
kleine Katerleben den Umständen entsprechend noch perfekt
zu funktionieren. Jedenfalls hörte sich das Schnurren wieder
etwas vertrauter an. Zuvor war es eher ein dumpfes Brummen,
mit dem er wohl seine Angst besänftigte. Allerdings das ange-
botene Bachblütenwasser lehnt er weiterhin ab, obwohl sich
in dem Schälchen nur 2 Tropfen befinden.


Nach diesem Nachmittags-Mahl positionierte er sich
mit Blick in den Garten, und der Service verteilte
einige Lagen Küchenrolle über den feuchten Stellen.


Immer häufiger sieht er jetzt erschöpft aus.

Liegt aber auch oftmals ganz friedlich auf seiner Matte ...

in unserer Nähe. Früher saßen wir im Wintergarten
und Herr Katze lag oder saß
auf dem Steg oder im
kleinen Teichbeet und sah oftmals zu uns herüber.
Nun haben wir vertauschte Rollen. Während ich die
kleinen Buchsbaumkugeln hinter dem Teich schnitt,
musste ich immer wieder zum Wintergarten schauen.


Ob er nun Schmerzen hat, oder genießt er
es nur seinem Garten so nah zu sein?


Kurz vor 17 Uhr richtete er plötzlich von seinem Krankenlager
auf und wackelte zum Futterschälchen auf der anderen Seite.


Als das Katerbäuchlein gut gefüllt war, blieb er vor
den Näpfen liegen und wurde wieder warm eingepackt.


Doch etwa eine halbe Stunde später, machte er sich zielstrebig
auf den Weg zum Beet hinter dem Wintergarten. Dort lag er
in diesem Sommer sehr oft unter dem Ilex. Und im Bereich der
Blumenkübel ist schon seit einigen Wochen eines seiner Garten-
klos. Danach verkroch er sich noch weiter unter die Büsche, wo
ich nur noch etwas Grau erahnen konnte. Ob er sich nun doch
schon zum Sterben zurückziehen wollte? Aber nach einer kurzen
Verschnaufpause fing er in den Tiefen des Beetes an sich ganz
sorgfältig zu putzen. Damit hätte ich heute nun wirklich nicht
mehr gerechnet! Und während ich die Blumenkübel goss ...


erschien er etwa 1 Stunde später gegen 18:30 Uhr
wieder auf der Bildfläche. Zwar hatte er nur eine Seite
seines Gartens durchwandert, aber immerhin. Denn das
hatte ich ihm am Mittag nach dem Katerbad, als er lange
Zeit so regungslos am Boden lag nicht mehr zugetraut.


Danach machte er sich ganz selbstverständlich auf den Weg
zu seiner Liegematte, hatte reichlich Appetit mitgebracht,
so dass ein Schälchen ihm nicht reichte und ...

sprang danach ganz selbstverständlich auf die Liege,
um sich nochmals ganz intensiv zu putzen.

Gern hätten wir ihn an dem außerwählten Platz auf dem
Liegenbezug gelassen. Aber es dauerte nicht lange, da
wurde es schon wieder feucht unter dem Katertier. Wie
gut, dass wir noch reichlich Matten haben. Nur so lang-
sam bekommen wir ein Müll-Problem, denn trotz wasch-
barer Inkontinenzauflagen auf seinem Kellerlager wandern
von diesen Betteinlagen pro Tag mindestens 4 in die Müll-
tonne. Aber für das empfindliche Katernäschen wäre es
eine Zumutung ihn länger auf den Matten liegen zu lassen.
So eingekuschelt lag er dann etwa bis 21 Uhr im Garten.

Dann gab es eine Nachtwäsche im Wintergarten und eine
kurze Nachtwanderung entlang der Gartenbeet.

Nach diesem Tag entschieden wir uns nun doch die Antibiotika-
Behandlung fortzusetzen und ihm neben dem Salz gegen
Schmerzen & Krämpfe noch 2 weitere ins Futter zu geben, die
sowohl bei Nierenproblemen als auch bei Diabetes angewendet
werden. Auch die beiden Globulis soll er nun weiter über den
Tag verteilt auf dem Futter bekommen. Die Wahrscheinlich-
keit, dass er demnächst stirbt ist sehr groß, nur scheint die
kleine Katzenseele noch nicht dazu bereit zu sein. Und solange
er noch fressen mag - werden wir ihn mit den entsprechenden
Schüßler-Salzen und Globulis noch unterstützen.

Nach 2 weiteren Schälchen Feuchtfutter, einigen Klo-
besuchen und der anschließenden Entfernung der klebrigen
Streukügelchen aus seinem Fell, lag er dann so auf seinem
Nachtlager. Dann noch schnell das blaue Licht angeschaltet
und die Tür ganz leise geschlossen.

Mit gemischten Gefühlen, aber irgendwie auch glücklich
über diesen besonderen Tag, fuhr ich zu meinen grauen
Damen nach Hause, die in letzter Zeit leider viel zu oft
zu kurz kommen ...

Fotos: S.Schneider



Auf der Rückfahrt habe ich noch sehr viel über das Thema Erlösen
lassen nachgedacht: Der Eindruck, der beim Tierarzt auf dem
Untersuchungstisch entsteht, hat nur wenig mit dem normalen
Verhalten einer Katze in vertrauter Umgebung zu tun. Und gerade
ängstliche Tiere werden sich selbst bei einem tierärztlichen
Hausbesuch immer noch anders verhalten als gegenüber ihrer
Bezugsperson ohne fremde Personen. Hätte ein Tierarzt bei
einem Hausbesuch Herrn Katze am Mittag nach der Katerwäsche
so am Boden gesehen, dann würde er jetzt bestimmt nicht mehr
leben. Meist kann sich ein Tierarzt doch nur an Werten und
Diagnosen orientieren, ob ein Leben noch lebenswert ist. Die
Feinheiten werden ihm wohl meistens dabei entgehen ...

Denn selbst das Pflegepersonal, das 1x täglich für ca. 10 Minuten
die Dekubituswunden meiner Großmutter versorgt, bekommt
teilweise erst nach Monaten mit, wie viel Leben und Energie
zeitweilig noch in der scheinbar teilnahmslos daliegenden kleinen
Person stecken kann. Die als dement abgestempelt wird, aber
zwischendurch sogar noch den Unterschied zwischen einem Brot,
einem Keks oder einem Stück Schokolade erkennt. Und sich wie
ein kleines Kind über ein kleines Schokostückchen oder einen
Brei mit ganz viel Zucker freuen kann.

Auch ihr wünschen wir, dass sie irgendwann einfach einschläft.
So gesehen befinden sich meine Großmutter und der alte graue
Herr in einem ähnlichen Stadium. Denn auch Herr Katze wäre
ohne den Bringdienst an sein Krankenlager und die unterstützende
Körperpflege nicht mehr lange lebensfähig. Beide befinden sich
noch in einem Stadium, wo der Körper zwar alt und extrem ge-
schwächt ist, aber durch Pflege und notfalls schmerzlindernde
Medikamente wohl trotzdem noch etwas weiterleben kann ...


Nachtrag Montag 6. September 2010:
Er frisst und trinkt noch immer, allerdings nur noch im Liegen.
Seine Nachtlager ist am frühen Morgen komplett durchfeuchtet.
Doch mit einigen Lagen Küchenrolle lässt es sich zum Glück
immer wieder trocken legen. Und falls er sich von seinem
Schlafplatz auf den Weg zum etwa 1m entfernt stehenden
Katzenklo macht, dann fällt ihm dieser Weg unendlich schwer.

Leider ist es am Morgen selbst im Wintergarten noch empfindlich
kalt. Aber zum Glück scheint die Sonne vom strahlend blauen
Himmel, so dass er kurz vor der Mittagszeit wieder in seinen
Garten schauen kann. Er schafft es noch immer auf seine Liege
zu springen und auch wieder hinunter. Allerdings verlässt ihn
jetzt wohl allmählich der Appetit. Oder schmecken ihm die
neuen Futtersorten jetzt schon nicht mehr? Leider hat die
Sonne jetzt nicht mehr so viel wärmende Kraft, so dass das
Katertier bereits am frühen Abend wieder in den Keller kam.
Aber anscheinend wird er nun auch immer schwächer und
legte sich sofort wieder auf sein Kellerlager ...


Nachtrag Dienstag 7. September:
Seine Appetitlosigkeit hing wohl wirklich mit der Futtersorte
zusammen. Denn das Döschen mit Bechamel-Sauce, das meine
Mutter ihm in 2 Portionen in der Nacht und am frühen Morgen
servierte, fraß er gern zusammen mit Salzen bzw. Globulis.
Auch das Antibiotikum konnte sie ihm anstandlos verabreichen.
Heute ist nun wieder Katerwaschtag. Wie es ihm wohl danach
geht? Auf jeden Fall werde ich ihm noch ein paar von den
kleinen Döschen besorgen, die er wegen seiner Diabetes nicht
mehr bekam, die ihm aber anscheinend so gut schmecken. Und
da es auch beim Nierenfutter noch ein paar Sorten gibt, die
ihm gefallen könnten, werde ich auch die nochmals aus dem
Zoofachhandel holen. Das Feuchtfutter, das ich von der Tier-
ärztin mitgebracht habe, missfällt ihm, nachdem er jede
der 3 Sorten 1x probiert hat. Aber vielleicht gibt es heute
ja wieder Roastbeef ...

Ich weiß, dass er eigentlich nun möglichst Geflügel und
Joghurt wegen seiner Nieren bekommen sollte. Aber Joghurt
mag er leider seit einigen Jahren nicht mehr - egal wieviel
Fettgehalt. Auch Quark oder Frischkäse lehnt er ab. Und die
letzten Versuche mit gegartem Huhn oder Pute konnten ihn
auch nicht mehr begeistern. Höchstens noch der Putenbraten
aus der Fleischtheke. Wichtig ist laut Tierärztin, dass er über-
haupt frisst, den sonst leiden seine Nieren noch mehr. Also
versuchen wir auch hier einen Mittelweg zu finden!



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